Die Tochter des Uhrmachers: Roman (German Edition) by Kate Morton

Die Tochter des Uhrmachers: Roman (German Edition) by Kate Morton

Autor:Kate Morton [Morton, Kate]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Diana Verlag
veröffentlicht: 2018-10-07T22:00:00+00:00


Madame Mina Waters

Spiritualistin

Apartment 2B

16 Neal’s Yard

Covent Garden

London

Kurz darauf hatte er Kitty von dem Gespräch mit Madame Mina erzählt. Sie hatte gelacht und gesagt, es gebe in London jede Menge Spinner, die nur darauf aus seien, den Kummer ihrer Opfer auszunutzen. Leonard jedoch fand das zynisch. »Sie wusste von Tom«, beharrte er. »Sie wusste, dass ich jemanden verloren habe.«

»Herrgott, sieh dich doch mal um: Jeder hat irgendwen verloren!«

»Du hast nicht gesehen, wie sie mich mit ihrem Blick durchbohrt hat.«

»Ungefähr so?« Sie schielte und verzog das Gesicht, dann hatte sie grinsend ihre Strümpfe von der Bettdecke genommen und nach ihm geworfen.

Leonard schüttelte sie von sich ab. Ihm war nicht nach Spaßen zumute. »Sie meinte, er versucht, mich zu finden. Sie hat gesagt, ich sei vom Weg abgekommen.«

»Ach, Lenny«, sagte Kitty ernst. Plötzlich wirkte sie müde. »Sind wir das nicht alle?«

Leonard fragte sich, wie Kittys Vorstellungsgespräch in London wohl gelaufen war. Sie hatte elegant ausgesehen, als sie sich am Morgen auf den Weg gemacht hatte; irgendetwas an ihren Haaren war anders gewesen. Er wünschte, er hätte ihr ein Kompliment gemacht. Kitty gab gern die Zynische, aber Leonard kannte sie schon seit vor dem Krieg und wusste, wie dünn ihr Nervenkostüm war.

Hinter der Kirche bog Leonard in die einsame Straße nach Birchwood Manor ein. Nach einer Weile bückte er sich und hob eine Handvoll Kieselsteine vom Straßenrand auf. Er wog sie in der Hand, dann ließ er sie im Weitergehen durch die Finger rieseln. Einer, bemerkte er, war glatt und rund, ein perfekter Quarz.

Leonard und Kitty hatten zum ersten Mal in einer lauen Oktobernacht im Jahr 1916 miteinander geschlafen. Er war auf Heimaturlaub gewesen und hatte den Nachmittag im Wohnzimmer seiner Mutter verbracht, wo er Tee aus einer Porzellantasse getrunken und den Freundinnen seiner Mutter dabei zugehört hatte, wie sie missbilligend mit den Zungen schnalzten und sich abwechselnd und mit gleichem Elan über den Krieg und den bevorstehenden Weihnachtsmarkt ausließen.

Es hatte an der Tür geklopft, und Rose, das Stubenmädchen seiner Mutter, kündigte die Ankunft von Miss Barker an. Kitty brachte einen Karton mit Schals für die Soldaten an der Front vorbei. Als Leonards Mutter sie zum Tee einlud, sagte sie, sie habe leider keine Zeit: Im Gemeindehaus finde ein Tanzabend statt, und sie sei für die Verpflegung und das Einsammeln von Spenden zuständig.

Daraufhin hatte seine Mutter ihn dazu ermuntert, zu dem Tanzabend zu gehen. Ein Tanzabend war das Letzte, was er an dem Abend im Sinn gehabt hatte, aber alles war besser, als in diesem Wohnzimmer zu bleiben, wo die Vorzüge von Glühwein und Sherry verglichen wurden, also sprang er auf und sagte: »Ich hole meinen Mantel.«

Als sie in der Abenddämmerung die Dorfstraße entlangschlenderten, erkundigte Kitty sich nach Tom.

Da ihn jeder nach Tom fragte, hatte er eine Antwort parat. »Du kennst ihn ja«, sagte er. »Den bringt nichts aus der Fassung.«

Kitty lächelte, und Leonard fragte sich, warum er das Grübchen in ihrer linken Wange noch nie bemerkt hatte.

An jenem Abend hatte er sehr viel getanzt. Im Dorf gab es kaum noch Männer, und so war er ein gefragter Tänzer.



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